7.8
Nachdem ich deshalb sattsam bewiesen habe, daß durch Rechtfertigung eine wirkliche Gerechtmachung verstanden werde; so kan ich ungescheuet, und zwar nicht aus einer eingebildeten Erkenntnis, die im Gehirn besteht, sondern aus einer wirklichen innerlichen Empfindung, da ich die Sache aus Erfahrung selbst gefühlt, versichern, daß die unmittelbare, nächste, oder wirkliche Ursache (causa formalis, wenn wir ja einigen zu Gefallen dieses Wort gebrauchen müssen) der Rechtfertigung eines Menschen in den Augen Gottes die Offenbarung Jesu Christi in der Seelen sei; die da das Gemüt verändert und erneuert, durch welchen (nämlich den Urheber des innerlichen Werks, oder Ursprung der innerlichen Wirkung) der alsdenn gebildet und offenbart wird, wir wahrhaftig gerechtfertigt, und für Gott angenehm gemacht werden.Denn auf diese Weise werden wir mit demjenigen deshalb bedeckt, und bekleidet, an welchem der Vater einen Wohlgefallen hat, daß wir uns zu Gott nahen, und mit Zuversicht vor seinem Thron stehen können; nachden wir durch das Blut Jesus Christi, so inwendig in unsre Seelen ausgegossen ist, gereinigt, und mit seinem darinnen offenbarten Leben und mit seiner Gerechtigkeit bekleidet worden. Und dieses ist diejenige Ordnung des Heils, so von dem Apostel in demjenigen fürtrefliden Spruch vorgehalten worden, Röm.5,10. Da wir noch Feinde waren, wurden wir mit Gott verjóhnet durch den Tod seines Sohnes, vielmehr werden wir, weil wir nun versöhnt sind, durch sein Leben selig werden. Denn nachdem der Apostel erstens die durch den Tod Christi gewürfte Versöhnung gezeigt, worin Gottnahe ist, den Menschen anzunehmen, und zu erlósen, so hält er ihm für, daß seine Seligkeit und Rechtfertigung durch das Leben Jesuerlangt werde. Daß nun dieses Leben eine innerliche und geistliche Sache sei, daß in der Seele offenbart ist, und wodurch solche aus dem Tode erneuert,und hervor gebracht wird, worin sie von Natur durch den Fall gestanden, und deshalb wiederum zu Gott aufermecket und lebendig gemacht worden, wird von eben diesem Apostel gezeigt Ephef. 2, 5. Da wir todt waren in Sünden, hat er uns samt Christo lebendig gemacht, (denn aus Gnaden seid ihr selig worden) und hat uns samt ihn auferweckt. Niemand wird leugnen, daß dieses das innerliche Werk der Erneuerung sei. Und deshalb gebietet der Apostel diese Urfache, daß sie durch die heilsame oder seligmachende Gnade selig gemacht werden, welches die innerliche Kraft und Gewalt Christi in der Seelen ist, wovon wir hiernach ein mehrers handeln werden. Vonder Offenbarung dieses innerlichen Lebens redet der Apostel auch 2 Cor.4, 10. Auf daß auch das Leben des Herrn Jesus in unserm Leibe offenbar werde, und v. 11. aufdaß auch das Leben Jesus offenbar werde in unserm sterblichen Fleische. Dieses innerliche Leben Jesu ist nun dasjenige, wodurch wir, wie vorher gesagt ist, selig werden.
Zweitens, daß wir durch diese Offenbarung Jesu Christi, und die neue Creatur in uns gerechtfertigt werden, erhellt augenscheinlich aus den fürtreflichen Worten des Apostels, die in dem Sak enthalten sind, Tit. 3,5. Nach seiner Barmherzigkeit macht er uns selig, durch das Bad (oder Waschen) der Wiedergeburt und Erneuerung des heiligen Geistes etc. durch dasjenige nun, wodurch wir selig gemacht werden, müssen wir sonder Zweifel auch gerechtfertigt werden; welche Worte in dieser Betrachtung gleichgültig sind. Hier schreiber der Apostel die unmittelbare Ursache der Rechtfertigung diesem innerlichen Werk der Wiedergeburt, welches Jesus Christus ist, der in der Seele offenbart wird, weil er derjenige ist, der uns in einen Stand der Fähigkeit oder Möglichkeit setzt, mit Gott versöhnt zu werden, ganz Sonnenklar zu; indem die Abwaschung oder Wiedergeburt diejenige innerliche Kraft und Tugend ist, wodurch die Seele gereinigt und mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet, und deshalb túdytig gemacht wird, vor Gott zu erscheinen.
Zum dritten; diese Lehre ist klar und deutlich zu ersehen aus 2.Cor.13,5. Untersucht euch selbst, ob ihr im Glauben seid, prüft euch selbst, oder erkennt ihr euch selbst nicht, daß Jesus Christus in euch ist, es sei denn, daß ihr Verworfene seid? Christlich erhellt hieraus, wie ernstlich der Apostel darauf gedrungen, daß sie Christus in ihnen kennen sollten, dergestalt, daß er ihnen diese Vermahnung gebietet, und ihnen solche dreimal nachdrücklich einschärft. Zweitens zeigt er, daß die Ursache der Verwerfung oder Nichtgerechtmachung diese sei, wenn Christus nicht deshalb in der Seele offenbart und erkannt wird. Woraus denn, nach der Regel der contrariorum1, oder wenn man zwei Dinge einander entgegen stellt, wo die Gleichheit einerlei ist, wie in diesem Fall augenscheinlich geschieht, notwendig folgt, daß, wo Christus innerlich erkannt wird, die ihm daselbst gehorsamen und unterworfenen Personen gebilligt, ihm angenehm und gerechtfertigt sind. Denn es kan nichts klarer sein, als dieses, daß, wenn wir Christus in uns Kennen müssen, wenn wir nicht verworfene oder ungerechtfertigte Leute sein wollen; wir, wenn wir ihn in uns kennen, keine Verworfene, sondern, wie notwendig folgt, gerechtfertigte sein müssen. Diesem ist derjenige andere Spruch eben dieses Apostels gleich, Gal.4,19. Meine lieben Kinder, die ich abermal mit Ängsten gebäre, bis daß Christus in euch eine Gestalt gewinne. Und deshalb nennt der Apostel dieses, Christus in uns, die Hoffnung der Herrlichkeit, Col.1,27.+28. Nun kan dasjenige, welches die Hoffnung der Herrlichkeit ist, nichts anders sein, als weswegen wir uns unmittelbar und am allernächsten auf unsere Rechtfertigung verlassen, und dasjenige, weswegen wir wirklich und wahrhaftig gerecht gemacht sind. Und gleichwie wir dadurch keineswegs leugnen, daß die ursprüngliche und Grundursache unserer Rechtfertigung die in der Erscheinung Jesu Christi im Fleisch geoffenbart Liebe Gottes sei; als welcher durch sein Leben, durch sein Leiden und Sterben, und durch seinen vollkommenen Gehorsam, den Weg zu unserer Versöhnung gebahnt und ein Opfer vor die Vergebung der vergangenen Sünden worden, und uns diesen Samen und diese Gnade erworben, woraus diese Geburt entsteht, und in welcher Jesus Christus innerlich empfangen, gestaltet, und nach seinem reinen und heiligen Bild der Gerechtigkeit hervor gebracht wird, wodurch unsere Seelen Gott leben, und mit ihm bekleidet werden, und ihn angezogen haben, wie die Schrift redet, Ephes.4,23.+24. Galat.3,27. wir stehen gerechtfertigt, und selig gemacht in ihm und durch ihn, durch seinen Geist und durch seine Gnade, Rom.3,24. 1.Cor.6,11. Tit.3,7. Also werden wir auch hinwiederum hierdurch der Fülle seines Verdienstes teilhaftig gemacht, und sein reinigendes Blut ist nahe, alle Sünden und Schwachheiten an uns abzuwaschen, und alle unsere Abweichungen und Wunden zu heilen, so oft als wir uns durch rechtschaffene Busse wieder zu ihm nahen, und durch seinen Geist erneuert werden. Diejenigen demnach, die ihn deshalb auferweckt und in sich regierend empfinden, haben einen festen Grund der Hoffnung zu glauben, daß sie durch sein Blut gerechtfertigt sind. Allein, niemand betrüge sich selbst, daß er sich selbst mit einer eitlen Hoffnung und Zuversicht schmeichele, als ob er durch das Leiden und Sterben Christi gerechtfertigt wäre, so lange die Sünde noch vor seiner Tür ruht, 1.Mos.4,7. solange die Ungerechtigkeit die Herrschaft behält, und er noch unerneuert, und unwiedergeboren bleibt, damit nicht zu ihnen gesagt werde: “Ich kenne euch nicht”. Man bedenke ja wohl, was Christus sagt: “Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr! Herr! in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel”, Matth.7,21. Diesem muß ich die vortrefflichen und holdseligen Worte des geliebten Jüngers beifügen:
Kindlein, lasset euch
niemand verführen, wer recht tut, der ist gerecht
gleichwie er gerecht ist. Wer Sünde tut, der ist
vom Teufel, dieweil, wenn uns unser Herz verdammt,
so ist Gott grösser, denn unser Herz,
und erkennt alle Ding, (1.Joh.3,7.+20.)
Viele berühmte Protestanten geben dieser innerlichen Rechtfertigung durch Christus, der sich an dem inwendigen Menschen offenbart, und Darinnen gestaltet wird, Zeugnis.
Kommentar |
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Borrhæus in Gen. pag. 162.. |
Als erstes M. Borrhæus:
rechnung, spricht er, worin Christus den Gläubigen
zur Gerechtigkeit zugeschrieben und zugeeignet
wird, ist das Verdienst seines Blutes,und Kraft seines
Verdienstes, und der uns geschenkte heilige Geist
gleichfalls mit eingeschlossen.
Und deshalb wird man bekenntnis
müssen, daß Christus unsere Gerechtigkeit sei, so
wohl wegen seines Verdiensts, und wegen seiner
Genugtuung, und der durch ihn erlangten Vergebung
der Sünden, als auch wegen der verliehenen Gaben
des Geistes der Gerechtigkeit. Wenn wir dieses tun,
so werden wir den ganzen Chrisium, wie er uns zu unserer
Seligkeit vorgestellt ist, und nicht nur einen einzelnen
Teil desselben betrachten.
Eben dieser pag. 169. sagt:
Christus wird demnach bei unserer
Rechtfertigung betrachtet, der durch seinen Geist,
wenn er von uns angezogen worden, gleichsam in uns
atmet und lebt. Von welcher Anziehung der Apostel
sagt: Ihr habt Christus angezogen.
Und wiederum p. 171.1
Wir bemühen uns bei der Rechtfertigung,
Christus nicht nur zum Teil, sondern
gänzlich abzuhandeln, wie er in allen Stücken und auf
alle Art und Weise unsere Gerechtigkeit ist.
Und ein wenighernach spricht er:
Gleichwie der heilige Paulus,
wenn er sagt: Die er gerecht gemacht, die
hat er auch verherrlicht, in unserer Rechtfertigung
alles dasjenige begreift, was zu unserer Versöhnung
mit Gott dem Vater, und zu unserer Erneuerung
gehört, die uns geschickt und tüchtig macht,
zur Herrlichkeit zu gelangen; als da ist der Glaube,
die Gerechtigkeit, Christus und die durch ihn dargereichte
Gabe der Gerechtigkeit, wodurch wir zu Erfüllung
der von dem Gesetz erforderten Rechtfertigung
wiedergeboren werden; deshalb wollen wir auch alles
dasjenige in dieser Sache begriffen haben, was in der
Wiedererlangung der Gerechtigkeit und Unschuld
enthalten ist.
pag. 181. fährt er fort:
Die Forme oder eigentliche Gestalt und Weise unserer Rechtfertigung
ist die göttliche Gerechtigkeit selbst, durch
welche wir gerecht und gut gestelt oder gemacht werden.
Dieses ist Christus Jesus, welcher teils wegen
der Vergebung der Sünden, teils wegen der
Erneuerung und Wiederherstellung derjenigen Unschuld,
so nach den Fall des ersten Adams verloren
war, für unsere Gerechtigkeit zu schätzen ist. So daß
dieser neue und himmlische Adam, wenn wir ihn angezogen
haben, (von welchem der Apostel sagt : ihr
habet Christus angezogen) nämlich ihr habt ihn
angezogen als die Formam, oder als die eigentliche
Gestalt; auch als die Gerechtigkeit, Weisheit, und
das Leben Gottes von uns angezogen wird.
Dies bekräftigt auch Claudius Albertus Inuncunanus; siehe seine Orar. Apodict Lausanix excuf. 1587 Orat. 2.p. 86.87. auch Zwinglius in seinem Sendschreiben an die Fürsten in Deutschland, wie er von Himelio cap.7. pag. 60. angeführt wird, sagt: Daß die heiligung des Geistes die wahre Rechtfertigung sei, die alleine genug sei, uns zu rechtfertigen. Eftius über 1 Kor.6,17. sagt: Damit man nicht meint; als ob die Christliche Gerechtigkeit allein in der Abwaschung, das ist in der Vergebung der Sünden bestehe, so setz er auch das andere Stück oder den andern Grad noch hinzu, und spricht: Aber ihr seid geheiligt, das ist, ihr seid zur Kindheit gelangt, deshalb daß ihr nun wahrhaftig heilig für Gott seid. Legtens druckt er die ganze Summe der empfangenen Wohltat in einem Wort aus, welches beide Stücke in sich begreift: Aber ihr seid gerechtfertigt, in dem Namen des Herrn Jesu Christi, (sezt der Apostel noch hinzu) das ist durch sein Verdienst; und durch den Geist unseres Gottes. Das ist, durch den heiligen Geist, der von Gott ausgebet, und uns durch Christus mitgeteilt ist. Und letztens seireibet Richard Baxter,ein berühmter Englischer Prediger, in feinem Buch, Aphorisms of Justificacion genannt, pag. 80. Daß einige unwissende Tropfen mit den Zähnen über dieser Lehre geknirscht, als ob es pur lautere Päbstlerei were, da sie doch die wahre Eigenschaft, Natur oder der Gerechtigkeit des neuen Bundes nicht verstehen, die jedoch ganz ausser Christo in uns ist, ob sie schon durch die Kraft des Geistes Christi in uns gewirkt wird.
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Lateinisch “Gegenteil” ↩︎